Die Chronik
Der „Historische Burschenverein mit Trachtengruppe e.V. Sommerhausen“ wird 125 Jahre
Als am 29. Dezember 1882 der Historische Burschenverein Sommerhausen gegründet wurde, hat er als besondere Aufgabe den Erhalt der Bürgerwehr-Uniform und der örtlichen Kirchweihbräuche benannt.
Über den genauen Zeitpunkt der Gründung dieser Bürgerwehr bestehen leider keine Aufzeichnungen. Aber allein die leuchtenden Farben des Hauses Limpurg, rot und gelb, signalisieren, dass eine enge Verbindung der Bürgerwehr zum gräflichen Haus der Rechteren-Limpurg-Speckfeld bestanden hat.
1268 wurde das gräfliche Haus erstmals genannt. Von 1413 ist berichtet, dass in diesem Jahre die Hohenlohe-Speckfeldische Linie ausstarb und 1435 Schenk von Limpurg hier “ das Sagen“ hatte.
Von 1601 gibt es die erste Überlieferung über die damaligen Markungsumgänge unter Teilnahme der Bürgerschaft (Bürgerwehr). Von 1617, 1685 und 1723 wird ebenfalls berichtet, dass o.g. Markungsumgänge stattgefunden haben.
Als weitere Jahreszahl ist uns 1649 überliefert. Für dieses Jahr ist archivarisch festgehalten, dass beim Durchzug des Pfalzgrafen, derselbe durch das Abhalten einer Bürgerparade geehrt wurde. Auch hier war die Bürgerschaft angetreten und in einer diesbezüglichen Anweisung ist angeordnet: „Wo das Bürgermilitär paradiert, müssen gut gekleidete, mit sauberer Armatur vorgesehene Leute ausgesucht werden.“
1652 war das Geburtsjahr des heutigen Hammeltanzes. Dieser wurde früher von aktiven Bürgerschaftsangehörigen herausgeschossen.
1667 wurde erstmalig das Kirchweihfest beschrieben. Aus Rechnungen geht hervor: „Denen Corporals, Trommelschläger und Offizieren an der Kirchweih als sie ins Gewehr gegangen altem Brauch nachgeben .… 12 Maß“. Hier ist auch „die in malerischen Uniformen gekleidete Bürgerwehr“ erwähnt.
Von 1668 besagt eine alte Urkunde, dass zum Kirchweihfest dieses Jahres die Bürgerschaft exerziert wurde. Ab 1702 wurde dieses Treiben am Kirchweihsonntag verboten und nur für den Montag erlaubt, unter der Bedingung, dass es um 12.00 Uhr endigen müsse. Mit dieser Anordnung war der Kirchweihmontag als „Sommerhäuser Nationalfeiertag“ begründet.
Vom 23. September anno 1752 befindet sich im gemeindlichen Archiv ein geschichtlicher Nachweis über eine „Lista derer Ober– und Unter-Offiziers wie auch einer gesamten jungen Mannschaft zu Sommerhausen“.
Diese Sitten und Gebräuche stammen aus der Zeit, da Sommerhausen noch Residenz der Grafen von Rechteren-Limpurg war. Diesen regierenden Grafen stand eine Bürgerwehr zur Verfügung, die sich aus Bürgern des Residenzsitzes bildete. Jeder Bürger, der keine körperlichen Gebrechen hatte, musste dieser Bürgerwehr beitreten. Diese war lediglich eine Paradetruppe, die bei jeder festlichen Gelegenheit mit großem Pomp aufmarschierte.
Mit großer Pracht und Drumherum feierte man auch 1785 das Kirchweihfest. Vergilbte Blätter des gemeindlichen Archivs schildern in allen Einzelheiten den damaligen Ablauf.
Anlässlich des Einzuges des neuvermählten Grafen von Rechteren-Limpurg mit dessen Gemahlin im Jahre 1807 paradierte die Bürgerwehr.
Doch diese Sitte der Bürgerwehrparade, besonders am Kirchweihfest, war in Sommerhausen so tief verwurzelt, dass sie nun von Seiten der Bürgerschaft privat weitergeführt wurde.
Von da an war aber noch ein weiter Weg, bis zum Kirchweihfest des Jahres 1882 eine neue Fahne durch die Burschen angeschafft und am Kirchweihmontag auf dem Schießplatz durch Pfarrer Hofmann geweiht wurde.
Gründung des Historischen Burschenvereins
Nachdem es durch die freundliche Mitarbeit unseres Ehrenmitglieds Alt-Bürgermeister Karl Steinmann gelungen ist, die Original-Gründungsstatuten der Burschenschaft (Vorgänger des Burschenvereins) mit dem dazugehörigen Schriftverkehr mit dem Königlichen Bezirksamt Ochsenfurt aufzufinden, kann einwandfrei als Gründungsdatum des Vereins der 29. Dezember 1882 angegeben werden. Am 29. Dezember 1882 wurde eine Versammlung der Burschen unserer Ortschaft angesetzt. In dieser Zusammenkunft wurde beschlossen, einen Verein zu gründen, dessen Aufgabe es sein soll:
- den historischen Kirchweih-Auszug zu erhalten,
- die altherkömmlichen Sitten und Gebräuche zu pflegen,
- gute Sitten zu fördern,
- durch anständiges Benehmen sich die Achtung allseits zu erwerben, sowie
- Gesang und gesellige Unterhaltung zu pflegen.
Die erste Vorstandswahl dieses neugegründeten Vereins erbrachte folgendes Ergebnis: Martin Stolz als Vorstand, Sebastian Dell, Georg Brand I, Georg Mündlein I, Martin Oehler und Johann Richter als Ausschlussmitglied.
An diesem 29. Dezember 1882 schlug die Geburtsstunde unseres Vereines. Viele Mitglieder kamen, man hielt zusammen, die erwähnten Statuten wurden getreu dem Wahlspruch „Mit Bruderhand umschlungen, wird Not und Leid bezwungen“ eingehalten — die Jahre flossen dahin.
Nach 27 Jahren wurde eine neue Fahne angeschafft, die am 18. Juli 1909 im Schlosshof von Pfarrer Monninger geweiht wurde. In seiner Festrede erklärte Pfarrer Monninger die hohe Bedeutung der Fahne und erinnerte die Burschen an ihre edlen Vereinsgrundsätze.
1911 wurde die Kirchweih besonders gefeiert und die Festfolge neu festgelegt.
Im Jahre 1920 wurde ein Gefallenenehrenbild der Vereinsmitglieder, die im Weltkrieg 1914⁄18 im Felde blieben, erstellt.
Leider ist nun bis 1925 nichts näheres mehr über das Leben und Treiben des Vereins und seiner Mitglieder schriftlich festgehalten, denn das erste vom „Sekretär“ beschriebene Vereinsbuch ist nicht mehr auffindbar. Ab 1925 kann die Geschichte des Historischen Burschenvereins wieder lückenlos verfolgt werden.
1925 wurde die noch gut erhaltene Schützenscheibe (heutiges Vereinsabzeichen) von den Ehrenmitgliedern Friedrich Gutmann und Kilian Mündlein gestiftet. Diese Scheibe wurde vom hiesigen Kunstmaler Jörg Hartmann gemalt.
Doch die aufwärtsstrebenden, frohen und glücklichen Jahre wurden durch den 2. Weltkrieg unterbrochen. Viele Vereinsmitglieder mussten zu den Fahnen eilen, manch einer sah die Heimat nicht wieder. Viele Unterlagen, Protokolle, Aufzeichnungen und Uniformstücke der Bürgerwehr, sowie Ausrüstungsstücke gingen verloren und wurden vernichtet.
Nach dem furchtbaren Kriegsende, das uns nach lebhaft in Erinnerung ist, waren es dann 53 Männer unserer Heimatgemeinde, die den Verein wieder aufleben ließen.
Der schwere Neuanfang
Der am 31.3.1974 verstorbene Ehrenvorstand Georg Hetzel und unser Ehrenmitglied Karl Mündlein sen. kamen wohl aus dem Staunen nicht heraus, als ihnen bei der Wiederanmeldung des Vereins bei der Militärregierung im Jahre 1946 mit Gefängnis gedroht wurde, wenn hier „etwas militärisches“ aufgezogen würde. Aber trotz vieler bürokratischer Hindernisse konnte am 5.1.1947 die Wiedergründung des Vereins mit amtlicher Genehmigung vorgenommen werden.
Nun entfaltete der Historische Burschenverein mit seiner historischen Uniform rege Tätigkeit im Bereich auswärtiger Veranstaltungen. Viele Preise, Medaillen, Bänder und sonstige Erinnerungsgaben zeugen von der Beliebtheit des Auftretens.
Im Jahre 1952 feierte der Historische Burschenverein Sommerhausen sein 70-jähriges Gründungsfest.
1952 entdeckte man bei Bauarbeiten zwischen dem Weingut Gebhardt und dem Schloss Reste einer Frauentracht aus Sommerhausen im Mauerwerk. Noch im selben Jahr wurde durch die Initiative unseres späteren Ehrenmitgliedes, ihre Erlaucht Hildgard Gräfin von Rechteren-Limpurg-Speckfeld, die Frauen– und Mädchengruppe gegründet und somit der Anschluss an die große Trachtenbewegung geschaffen. Sechs komplette Mädchentrachten stiftete ihre Erlaucht dem Verein.
Im Jahre 1953 wurden die ersten Trachtentänze geübt, womit ein neues Vereinsleben zum Blühen kam. Außerdem übergibt Gräfin Hildgard dem Verein das von ihr getextete Sommerhäuser Volkslied „Es gibt nur e Summerhause auf der Welt“ mit einer Widmung.
Ein weiterer Höhepunkt war das Jahr 1962, als die Musikgemeinschaft Sommerhausen in die Uniformen der ehemaligen Bürgerwehr eingekleidet wurde.
Am 28. Juli 1963 wurde von den Ehrenmitgliedern Regine und Leonhard Stang eine neue Fahne gestiftet, die an diesem Tage durch Herrn Kirchenrat Georg Riegel im Festgottesdienst feierlich geweiht wurde.
Ein farbenfroher Trachtenfestzug durch die dichtgesäumten, festlich geschmückten Straßen war ein weiterer Höhepunkt dieses Festes. Strahlender Sonnenschein und die Beteiligung zahlreicher Gäste aus nah und fern haben diese Fahnenweihe, in Verbindung mit dem 80-jährigen Gründungsfest unseres Vereins, zu einer bleibenden Erinnerung verholfen.
Vom 17. bis 19. Juni 1972 war der Marktflecken wieder Treffpunkt für die Trachtengruppen und Musikkapellen aus ganz Bayern. Das Wetter war sonnig und die Stimmung der Gäste heiter. Das Festbier süffig und das 90-jährige Gründungsfest des Historischen Burschenvereins, dem wohl ältesten Mitglied in der Vereinigung Bayerischen Trachtenvereine, wieder ein voller Erfolg. Sommerhausen hatte für dieses Jubiläum sein schönstes Festkleid angelegt und machte seinem gastfreundlichen Ruf wieder einmal alle Ehre.
Bei der Schlussfeier der Olympischen Spiele 1972 in München nahmen 2 Trachtenpaare des Historischen Burschenvereins teil.
Einen schmerzlichen Verlust musste der Verein am 3. Juni 1973 hinnehmen, als die Nachricht kam, dass unser Ehrenmitglied, ihre Erlaucht Hildgard Gräfin von Rechteren-Limpurg-Speckfeld, verstorben ist.
Groß war die Anteilnahme der gesamten Bevölkerung als „unsere Gräfin“ am 8. Juni 1973, flankiert von Männern und Frauen des Vereins in Tracht und der Trachtenjugend, in Markt Einersheim zu Grabe getragen wurde.
Doch das Leben im Verein ging weiter. Trachtenfeste in nah und fern wurden besucht. Beim internationalen Trachtenfest am 12. und 13.05.1973 in Wels/Oberösterreich, beim großen Eröffnungsfestzug des Münchner Oktoberfestes 1977, bei der Eröffnung der Deutschen Weinwoche am 3. Mai 1978, mit anschließendem Empfang im Maximilianeum in München oder bei der Eröffnung einer internationalen Blumenausstellung in Caen/Frankreich, um nur einige Besuche zu nennen, zeigten die „Historischen Burschen und Frauen die Schönheit ihrer Uniform und Tracht, sowie Volkstänze aus unserer Heimat.
Am 26.5.1975 wurde unser langjähriger Vorstand Martin Oehler zum Ehrenvorstand des Historischen Burschenvereins ernannt. Er führte den Verein von 1953 bis 1970 (ausgenommen 1957) und hat sich im Verein besonders im Aufbau der Trachtengruppe und beim Erlernen der Volkstänze große Verdienste erworben. Viele Jahre hat er die wöchentlichen Tanzproben musikalisch betreut.
Im Jahre 1976 wurde erstmals der Maibaum von Sommerhausen durch Männer und Frauen des Historischen Burschenvereins in Tracht aufgestellt. Die Trachtenjugend tanzte anschließend um den Maibaum und die Sommerhäuser Musikanten spielten die Tänze und umrahmten die Feier. Es wurde durch Vereinsbeschluß festgelegt, dass dieser Brauchtum nun alljährlich durchgeführt wird.
Ein weiterer Höhepunkt war der vom 24.5. bis 26.5.1978 in Sommerhausen ausgetragene unterfränkische Bezirksjugendtag, an dem sich die Jugendlichen der 16 unterfränkischen Vereine ihr Stelldichein gaben und ihr Können in Volkstanz, Volksmusik und Mundart zeigten.
Im Jahre 1981⁄82 wurde innerhalb des Vereins durch Artur Steinmann eine Akkordeongruppe gegründet, die von unserem Ehrenmitglied Hans Müller in die Technik des Spielens eingewiesen wurde.
Vom 5. bis 7. Juni 1982 feiere der Verein als ältester Trachtenverein in Bayern sein 100-jähriges Bestehen in Verbindung mit dem 30. unterfränkischen Bezirks-Trachenfest.
Mit dem festlich geschmückten Marktflecken hätte sich kein schönerer Hintergrund finden lassen. Historische Schilder vor Gasthäusern, dem altehrwürdigem Schloss und dem Rathaus, wehende Fahnen, sowie schmucke Fachwerkhäuser und dazwischen die bunte Schar der Trachtler, verliehen dem Festzug einen würdigen Rahmen.
Am 20.10.1982 wurde dem Verein auf der Festung Marienberg in Würzburg die Medaille „Für vorbildliche Heimatpflege“ mit der Urkunde vom Landtagspräsidenten a.D. Rudolf Hanauer vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege feierlich überreicht.
Am 3.7.1982, anlässlich des großen Trachtenzuges in München — 100 Jahre Trachtenbewegung in Bayern — das Jahrhundertfest der bayerischen Trachtler, führte der Historische Burschenverein den Bezirk Unterfranken im Festzug an.
Am 6.10.1983 wurde der Bayerische Ministerpräsident Dr. hc. Franz Josef Strauß anlässlich seines Besuches in Sommerhausen von den aktiven Frauen und Männern des Historischen Burschenvereins in Tracht und Uniform zum Geburtshaus des Amerika-Auswanderes Franz Daniel Pastorius geleitet. Zuvor nahmen 6 Paare des Vereins bei einem Festakt in der Würzburger Residenz teil.
Seit 1977 veranstaltet der Verein alljährlich in Zusammenarbeit mit der Musikgemeinschaft Sommerhausen ein Straßenweinfest.
Am 6. Januar 1995 wird das mehrjährige Ausschußmitglied und Kassier Werner Schönig zum 1.Vorsitzenden gewählt. Er ist mit 32 Jahren der jünsten Vereinvorsitzender der Vereinigung der links der Donau.
Im April 1995 wird 1. Vorstand Kaspar Mündlein wegen überragender Leistungen und vorbildlicher Pflichterfüllung in über 50 Jahren als Funktionär des Vereins zum Ehrenvorstand ernannt.
Im Mai 1998 übergibt Ehrenmitglied Wolfgang Baum eine von ihm geschriebene „Illustrierte Geschichte des Historischen Burschenvereins Sommerhausen mit Trachtengruppe e.V., gegr. 1882″, (344 Seiten).
Fortsetzung in Arbeit
„Mit Bruderhand umschlungen, wird Not und Leid bezwungen.
